Die Entstehung der Kunsthistorischen Sammlung


Als Konrad Lange im Sommer 1894 über die Konditionen verhandelte, zu denen er nach Tübingen wechseln würde, forderte er die „sofortige Bewilligung eines Apparates“, also Mittel zur Anschaffung von Bildmaterial zur kunsthistorischen Lehre. Noch im selben Jahr begann Lange Fotografien von Gemälden und Zeichnungen anzuschaffen und um ein Konvolut an Graphik-Doubletten aus dem Königlichen Kupferstichkabinett Stuttgart zu verhandeln. Wie der Inspektor des Kabinetts notierte, befanden sich „unter diesen Blättern […] viele schöne und sehr schöne Blätter bedeutender Meister, darunter allein gegen 800 Originalradierungen, sodann sind sämtliche Blätter cartoniert [...]“.

1895 wurde der Erwerb durch das Ministerium bewilligt und am 22. April 1897 wurde die Kunsthistorische Sammlung das erste Mal geöffnet. Ganz im Sinne der von Konrad Lange vertretenen Kunstlehre war die Sammlung von Beginn an nicht nur Studierenden, sondern auch einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich. Die Benutzungsordnung nennt eine Lehrsammlung von ca. 5000 Kunstblättern, die aus Stuttgart stammten. Anders als heute üblich, durften Besucherinnen und Besucher die Fotografien, Lichtdrucke, Zeichnungen und Druckgraphiken eigenständig aus den Schränken hervorholen und benutzen. Die Sammlung konnte schon bald hohe Besucherzahlen verzeichnen, so dass die Öffnungszeiten erweitert wurden: 1898 war die Sammlung nicht mehr nur donnerstags, sondern auch sonntags geöffnet. Ein Hinweis zur Benutzung aus dem Jahr 1902 verweist auf den regen Publikumsverkehr: „Das Stehenbleiben vor den Schränken zum Zweck des raschen Durchblätterns der Mappen ist mit Rücksicht auf den ungehinderten Verkehr zu vermeiden.“ Aus im Universitätsarchiv vorhandenen Aufzeichnungen geht hervor, dass häufig 30 bis 40 Personen in der Sammlung anwesend waren, um die Blätter zu studieren, darunter auch regelmäßig „Professorenfrauen und Professorentöchter“, wie Konrad Lange 1909 in einem Schreiben erwähnt. Ein Großteil der Anschaffungen Konrad Langes ist noch vorhanden und bildet den Grundstock der heutigen Graphischen Sammlung des Kunsthistorischen Instituts, die sich mittlerweile im Bonatzbau befindet und noch immer der kunsthistorischen Lehre dient.

Benutzerordnung Die älteste erhaltene (und handschriftlich geänderte) Benutzerordnung der kunsthistorischen Sammlungen, des sogenannten „kunsthistorischen Apparats“, der donnerstags und sonntags für jeden zugänglich war.

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