Die Gründung des Instituts


Auf Beschluss der Philosophischen Fakultät erfolgte 1894 die Einrichtung des Faches Kunstgeschichte an der Universität Tübingen. Doch wurden kunsthistorische Inhalte bereits zuvor unterrichtet, etwa durch den Universitätszeichenlehrer Heinrich Leibnitz oder den Philosophen Friedrich Theodor Vischer, der ab den 1840er Jahren Vorlesungen über die „Lehre der bildenden Künste“ oder die „Geschichte der Malerei“ hielt. Aus Perspektive der philosophischen Ästhetik widmete sich insbesondere Karl Reinhold von Köstlin kunsthistorischen Belangen. Regelmäßig las er über die „Geschichte der bildenden Künste“ oder „Kunstgeschichte in welthistorischer Übersicht“ – sein Dauerbrenner war die Vorlesung „Ästhetik der Künste“, die er seit 1876 beinahe jährlich wiederholte.

Nach Köstlins Tod im April 1894 sollte der wachsenden Bedeutung der akademischen Kunstgeschichte Rechnung getragen werden. Man wollte „die mittelalterliche und neuere Kunstgeschichte“ nun von einem Fachmann vertreten lassen, der über „philosophische und historische Bildung“ verfügen und „Kunstwissenschaft als eigentlichen Lebensberuf schon ausgiebig gepflegt“ haben sollte – wie es im Bericht der Philosophischen Fakultät heißt. Als Kandidaten standen Heinrich Wölfflin, Heinrich Holtzinger, Robert Vischer und Konrad Lange zur Diskussion. Es war schließlich der aus Königsberg berufene Konrad Lange, der zum ersten Ordinarius des Kunsthistorischen Instituts bestimmt wurde. Den Wünschen der Universität entsprach er auch deshalb, weil er „zu Vorlesungen über Ästhetik befähigt und bereit“ war. Das Institut, das Konrad Lange zunächst in Personalunion verkörperte, nahm um 1900 daher eine Mittelposition zwischen Ästhetik und Kunstgeschichte ein.

Das Kunsthistorische Institut hatte anfangs keine gesicherte Stellung. Die Tübinger Universität war stark in Geistesgeschichte und Theorie verankert, der „Sensus für bildende Kunst, für sinnliche Dinge, unterentwickelt“ (Klaus Schwager). So kam es, dass das Institut noch 1897 keinen festen Etat zur Verfügung hatte, was die Universitätsdirektion zu einer Presseerklärung veranlasste, in der sie die Situation erklärte und an die Kammer der Abgeordneten appellierte, sie möge zur Verbreitung des Kunstwissens beitragen.

Eine große Aufgabe Konrad Langes bestand darin, ganz grundlegende Strukturen für die kunsthistorische Lehre in Tübingen zu schaffen. 1894 gab es weder adäquate Räumlichkeiten noch eine Fachbibliothek, Projektionsapparate und nur sehr dürftiges Anschauungsmaterial. Davon ließ sich Lange jedoch nicht bremsen. Er trieb nicht nur die Etablierung des Faches als historische Disziplin voran, sondern auch die Gründung einer institutseigenen Lehrsammlung.

Alte Burse Am Anfang – und heute. Die ersten acht Jahre war das Institut in der Burse untergebracht; 1972 kehrte es an diesen Ort zurück. | Gebrüder Metz, erste Hälfte 20. Jh., Stadtarchiv Tübingen
Alte Aula Zwischenquartier. Ab 1903 befanden sich die Räume des Instituts für knapp 70 Jahre in der Alten Aula. | Lorenz Bäuerle oder Arthur Gröger, 1927, UAT (L XV 226 b.4)